Für einen Tag wieder elf Jahre alt sein und mit dem besten Freund, der besten Freundin oder beiden nach der Schule verabreden, Abenteuer erleben und in der milden Frühsommersonne auf Bordsteinen sitzend übers Weltall philosophieren.
Bonbons lutschen, bis der Gaumen schmerzt, Eis essen, bis der Bauch weh tut. Fahrrad fahren, bis die Kette abspringt, glauben dass es kein altes Klapprad, sondern ein schickes Crossrad sei…
…zu Winterwanderungen aufbrechen und sich dabei gegenseitig Mut zureden, dass wir gemeinsam den Heimweg schaffen.

Wer schafft die weitesten Sprünge über den Hügel?
Die Knie aufgeschlagen, die kurze Jeans zerrissen vom über Zäune klettern, der Mund verschmiert, die Finger schmutzig, die Haare zerzaust, sausen wir die Bergstraße hinab. Du, mein bester Kumpel, hast sogar einen Tacho am Fahrrad und brüllst mir laut unsere Wahnsinnsraketengeschwindikeit zu, während mein Fahrrad anfängt zu vibrieren. Toll fühlt es sich an, wir sind unverwundbar, unsterblich!
Zum Glück ist der Verkehr nicht mit dem von heute zu vergleichen. Kein Helm schützt unsere Köpfe.
Noch einmal möchte ich mit dir auf der Trauerweide sitzen, die uns so schön hinter ihrer Langhaarfrisur verbirgt und mit selbstgebastelten Erbsenspuckrohren auf den Briefkasten schießen.
Laut kichernd möchte ich Limo mit dir trinken, bis sie uns zur Nase heraus kommt. Einmal mehr versuchen ein Floß zu bauen, mit dem wir die Weltmeere befahren, was die kleinen Ententeiche für uns sind.
Mein bester Kumpel, ich vermisse dich oft seit dieser Zeit.
Die beginnende Pubertät trennte uns. Dann zog ich weg und fand nie wieder vergleichbare Freundschaften wie mit dir und der besten Freundin aus Kindertagen. Ihr seid bis heute ganz tief in meinem Herzen eingebrannt.
Unsere Zeit war so wertvoll und schön. Das wohlige, geborgene Gefühl von damals vermisse ich viel zu oft.
Jetzt ist mein jüngstes Kind selbst in dem Alter. Mein Sohn fährt genauso Fahrrad wie wir damals, wenn auch immerhin mit Helm. Die Lebenszeit rennt. Ich möchte ihm zurufen: „Bleib noch ein wenig länger Kind!“